Risiko durch neue Drogen

Der Konsum von sogenannten „Legal Highs“ hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mörtler gibt auf Ihrer Webseite bekannt, dass die deutschlandweit die Zahl der Todesfälle durch „Legal Highs“ in 2016 auf 98 Fälle gestiegen ist. 2015 waren es 39 Fälle.

Die synthetisierten Drogenersatzstoffe werden hauptsächlich im Internet vertrieben und vermitteln den Eindruck, es handele sich um legale und gesundheitlich unbedenkliche Produkte. In Wirklichkeit verbergen sich hinter diesen „Neuen Drogen“ Substanzen, die synthetisierte Opioide, Amphetamine oder Cannabinoide oder andere gesundheitsschädliche Substanzen enthalten können. Der Verbraucher weiß häufig nicht, was sich in den Produkten genau befindet. Überdosis, unkontrollierbarer Mischkonsum und das Risiko einer substanzinduzierten Psychose können die Folge sein. Die chemische Struktur der Substanzen verändert sich schnell und es ist somit für die Polizei und Mediziner schwierig, diese Substanzen im Blut oder Urin festzustellen oder gesetzlich zu erfassen. Kompetenznetz Suchthilfe hat mit Martin Lüdeke, Therapeutischer Leiter und Psychologischer Psychotherapeut im Therapiezentrum Brückle in Buggingen bei Freiburg über „Neue Drogen“ gesprochen.

Wie viele Behandlungsplätze bieten Sie in ihrer Einrichtung an?

 Wir haben insgesamt 36 Betten in der Intensivphase, davon stehen 12 Betten für den Bereich THC und Partydrogen und 24 Betten für den Bereich Opiatabhängigkeit oder Mehrfachkonsum zur Verfügung. In den letzten 10 Jahren ist jedoch die Nachfrage der Behandlungsplätze für die reine Opiatabhängigkeit deutlich rückläufig. Hingegen ist die Nachfrage für die Entwöhnungsbehandlungen im Bereich THC und Partydrogen bei uns und in anderen Einrichtungen in Baden-Württemberg deutlich gestiegen. Die Patienten bleiben in der Erstbehandlung 20 Wochen (zwischen 12 und 24 Wochen) bei uns in Behandlung. Zusätzlich bieten wir in der stationären Behandlung noch 9 Behandlungsplätze in der Adaptionsphase in Gundelfingen mit weiteren 16 Wochen an.

Wie hat sich das Konsummuster in den letzten Jahren verändert und was sind die Herausforderungen für die Behandlung?

Die Anzahl der konsumierten Substanzen ist deutlich gewachsen. Früher waren es überschaubar wenige Drogen, die konsumiert wurden. Das ist heute nicht mehr so. Häufig kommt es vor, dass wir die konsumierten Produkte nicht mehr kennen und die Patienten uns erst mal erklären, was sie da alles genommen haben. Da die Produkte zum Teil im Internet verkauft werden, wissen die Patienten häufig nicht, welche Inhaltsstoffe sie tatsächlich konsumiert haben. Desgleichen ist der Wirkstoffgehalt in den synthetischen Substanzen häufig viel höher, als in den Drogen auf dem Schwarzmarkt. Bewusst würden diese Patienten den Konsum von Heroin meiden, synthetische Opiate mit Codebezeichnungen wie U 4770 suggerieren jedoch andere Wirkungen. Das Kaufverhalten wirkt im Internet deutlich „sauberer und unkomplizierter“ als auf dem Schwarzmarkt und bietet durch die schnelle Verfügbarkeit einen leichten Einstieg in den Abstieg. Die Entgiftung dieser Substanzen ist oft schwieriger, da im Notfall nicht immer bekannt ist, welche Substanzen konsumiert wurden. In der Entwöhnungsbehandlung sind wir auf bessere Testverfahren angewiesen, die erst noch entwickelt werden müssen. Auch haben viel mehr Patienten heute drogeninduzierte Psychosen mit paranoiden Wahnvorstellungen, das war früher nicht so ein bedeutendes Problem. Das Suchtproblem wird in Wechselwirkung mit dem psychiatrischen Problem noch verschärft und die Patienten müssen oft mehrere Jahre mit beiden Risiken leben.

Welche Rolle spielt Chrystal Meth in Südbaden?

Es war in Baden-Württemberg bis heute nie flächendeckend ein Problem. Das ist eher in Grenzgebieten zur Tschechoslowakei ein Problem, dort befinden sich auch Einrichtungen mit spezialisierten Behandlungsangeboten.

Was motiviert Sie in Ihrer täglichen Arbeit?

Die Arbeit mit den Patienten ist für mich seit über 22 Jahren sehr abwechslungsreich. Im Team müssen wir uns täglich neu koordinieren, Einschätzungen austauschen und gemeinsame Entscheidungen treffen. Auch dürfen wir die Grenzen und Ziele für die Patienten nicht zu hoch setzen. Ich mag die Aufbruchsmotivation der Patienten und Ihre Bereitschaft, auch grundlegende Einstellungen und Verhaltensweisen völlig neu zu denken und Neues auszuprobieren.