Zeichen einer Abhängigkeit

Experteninterview: Dr. Andreas Jähne ist Ärztlicher Direktor der privaten Rhein-Jura Klinik in Bad Säckingen. Er ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Suchtmedizin und Mitorganisator der Weiterbildung zur Zusatzbezeichnung Suchtmedizin an der Ärztekammer Freiburg. In diesem Interview spricht er über Formen, Hintergründe und Erkennungszeichen der Abhängigkeit.

 

Welche Formen der Abhängigkeit kommen am häufigsten vor?

Die Alkoholabhängigkeit ist immer noch am weitesten verbreitet, denn Alkohol ist in unserer Gesellschaft leicht verfügbare. Zudem hat der Alkoholkonsum eine sehr geringe gesellschaftliche Stigmatisierung. Ebenfalls weit verbreitet ist die Medikamentenabhängigkeit. Hier sind im Schwerpunkt Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) und Schlafmittel (Barbiturate) zu nennen. Hinzu kommt der Missbrauch von Aufputschmitteln wie Amphetamin, Kokain, Methylphenidat und anderen leistungssteigernden Mitteln.

Werden diese Substanzen auch in Kombination eingenommen?

In fortgeschrittenen Phasen der Medikamentenabhängigkeit kann es zu einem kombinierten Missbrauch von Alkohol, Beruhigungs- und Aufputschmitteln kommen. Hierbei kommt es durchaus vor, dass morgens Wachmacher bzw. leistungssteigernde Mittel genommen werden und abends Beruhigungs- und Schlafmittel fälschlicherweise für den nötigen Ausgleich eingenommen werden. Häufig wird dazu noch Alkohol getrunken, um die abendliche Entspannungsphase überhaupt wieder herstellen zu können. In manchen sehr extremen Fällen wird das heftige morgendliche down sogar mit Kokain oder Amphetaminen überdeckt, um wieder aktiv und leistungsfähig zu werden. Gerade dieser Mischkonsum führt in eine besonders starke Form der Abhängigkeit und erfordert eine intensive stationäre psychotherapeutische Behandlung.

Was sind allgemeine Zeichen einer Abhängigkeit?

Bei der Abhängigkeit geht es nicht mehr um den Genuss von beispielsweise Alkohol oder den Gebrauch eines Beruhigungsmittels, sondern um den Konsum zugunsten eines erwünschten Effektes. Die Konsumrate steigert sich und der Konsument wird durch das Abhängigkeitspotential des Suchtstoffes zum Abhängigen. Er ist sich im Grunde bewusst, dass er sich mit dem Missbrauch schädigt, kann aber den Konsum aus eigener Kraft nicht mehr stoppen. Hinzu kommt das deutlich gesteigerte Verlangen den Suchtstoff zu konsumieren, um positive Gefühle zu erzeugen. Zeitgleich setzen körperliche oder psychische Entzugserscheinungen und eine Toleranzsteigerung ein. Es müssen immer größere Mengen konsumiert werden um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Warum greifen Menschen zu Mitteln, die abhängig machen?

Abhängigkeit wird durch mehrere Faktoren verursacht. Meist gibt es ein biografisches Thema, welches eine Belastung auf die Psyche ausübt. Manchmal gerät auch ein durch Schmerzen indizierter Medikamentenkonsum oder die Medikation der Schlaf- oder Angststörung aus dem Gleichgewicht. Wenn starke Medikamente mit Abhängigkeitspotential konsumiert werden, kann dadurch auch eine Sucht entstehen. Hier gilt es als verordnender Arzt genau zu prüfen, ob die Einnahme gerechtfertigt ist und die Dosis vom Patienten eingehalten wird. Grundsätzlich zieht sich Sucht durch alle Gesellschaftsschichten, Gehaltskategorien und Altersgruppen. Auch Schüler und Studenten greifen mittlerweile zu leistungssteigernden Mitteln. Bei Jugendlichen spielt neben dem Alkohol auch Cannabis, Ecstasy und andere Partydrogen eine Rolle.

Was empfehlen Sie einem Menschen, der ein Suchtproblem hat?

Es ist wichtig, sich einzugestehen, dass man ein Problem hat. Dies zu erkennen, ist der wichtigste und erste Schritt. Alleine ist es sehr schwer, wieder aus der Abhängigkeit hinauszukommen. Man sollte sich frühzeitig an seinen Hausarzt oder an eine Suchtberatungsstelle wenden und sich umfangreich über unterschiedliche Behandlungswege informieren. Es ist auch gut, sich vertrauten Personen aus dem sozialen Umfeld zu öffnen.

Welche Patienten kommen zu Ihnen in die Rhein-Jura Klinik?

Zu uns kommen Menschen die unter einer Abhängigkeitserkrankung und einer zusätzlichen psychiatrischen Grunderkrankung leiden. Wir entgiften den Körper und behandeln dann direkt die psychiatrische Grunderkrankung. Es liegt also eine Doppeldiagnose vor. Dieses Vorgehen hat sich sehr gut bewährt. Die in der Regel Privat- oder Beihilfeversicherten Patienten bleiben je nach Umfang der Erkrankung zwischen wenigen Wochen und bis zu zwei Monaten bei uns in Behandlung.

Mehr Infos unter:

Rhein-Jura Klinik Bad Säckingen